Maria Jerchel/Jens Peter Kutz: Frankfurt - Wie im Film. Ein Stadtporträt in 99 Kinofilmen. 220 Seiten, 99 Abbildungen, 2 Karten. Hardcover.
Cocon-Verlag, Hanau 2018. 16,80 Euro.

ISBN 978-3-86314-368-8
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Ein Stadtverführer (hr2)

Das ist höchst überraschend und unterhaltsam, einfach großes Kino.
  (F.A.Z.)

Eine Hommage an das ganz große Kino. (FNP)
Deutscher Fotobuchpreis 2018/19 - Longlist

UNVERÖFFENTLICHTE FOTOS

In unserem Buch präsentieren wir 99 Fotos von Frankfurter Orten, die Filmszenen zum Verwechseln ähnlich sehen. Wir haben die - aus unserer Sicht - schönsten, faszinierendsten und stimmigsten 99 Aufnahmen ausgewählt. Wir hatten jedoch viel mehr Filmen korrespondierende Orte fotografiert, bearbeitet und beschrieben, als das Buch letztlich fassen konnte.

Einige noch unveröffentlichte Aufnahmen, die es nicht ins Buch geschafft haben, uns aber dennoch gut gefallen, zeigen wir an dieser Stelle.

INDEPENDENCE DAY

(Roland Emmerich, US 1996)
independence day
Literaturhaus (Alte Stadtbibliothek)
Der deutschstämmige Starregisseur Roland Emmerich gilt als der "Master of Desaster" Hollywoods. Häuser, Städte, Länder, Kontinente - nichts ist vor seinem Zerstörungsfuror sicher. Angefangen hat alles 1996 mit INDEPENDENCE DAY, mittlerweile ein moderner Klassiker unter den Katastrophenfilmen. Spektakulär, wie das Weiße Haus in Washington von den außerirdischen Invasoren weggesprengt wird. Die Revanche des Hausherrn folgt auf dem Fuß: Gemeinsam mit einer zu allem entschlossenen Gruppe bezwingt er die Aggressoren und rettet die Welt. Eine andere Zeit, als US-Präsidenten noch als Helden taugten...

Einer anderen Zeit entstammt auch die alte Frankfurter Stadtbibliothek unweit des Mainufers. Ein klassizistischer Bau, 1820 errichtet, übrigens fast zeitgleich mit dem ebenfalls klassizistischen Weißen Haus. Auch die Alte Stadtbibliothek wurde zerstört, nicht im Film, sondern in der brutalen Wirklichkeit des Zweiten Weltkriegs. Nach 1945 blieben für eine lange Zeit lediglich die Reste des säulengeschmückten Eingangsportals als Mahnmal stehen. Ab 1987 richtete man an dieser Stelle den "Portikus" ein, eine kleine Ausstellungshalle für moderne Kunst. 2003 rekonstruierte der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler das Gebäude der Stadtbibliothek, es beherbergt heute das beliebte und angesehene Literaturhaus, ein Ort für Lesungen und Gesprächsrunden. (Die Ausstellungshalle "Portikus" bezog ihr neues Domizil auf der Maininsel neben der Alten Brücke.) Die abermalige Zerstörung des schönen Gebäudes erfolgt Gottseidank dieses Mal tatsächlich nur "wie im Film" - mittels digitaler Tricktechnik.

UNTER DEN BRÜCKEN

(Helmut Käutner, DE 1944)
unter den bruecken
Eiserner Steg
Helmut Käutners poetischer Film ist ein Meisterwerk. Der Film ist in den letzten Kriegsmonaten 1944/45 entstanden, und weist doch bereits in eine neue, bessere Zeit. Es geht um Freiheit, um Freundschaft und Liebe und eine Ménage à Trois... das ganze Leben eben, versammelt auf einem Lastkahn unter den Brücken von Havel und Spree.

Brücken verbinden, geografisch und symbolisch. Der Eiserne Steg, die wohl schönste, auf jeden Fall filigranste unter den Frankfurter Brücken, ist dafür ein Paradebeispiel. Erbaut 1868 auf private Initiative der Frankfurter Bürgerschaft hin, verbindet die Fußgängerbrücke den Römerberg mit dem Stadtteil Sachsenhausen. Ihr symbolischer Wert macht Brücken zu bevorzugten Orten für den Brauch der "Liebesschlösser": Überall auf der Welt befestigen Verliebte und Frischvermählte Vorhängeschlösser an Brückengeländern zur Besiegelung ihrer ewigen Liebe. So auch am Eisernen Steg, dessen Geländer über und über mit kleinen Schlössern in allen Farben und Größen bedeckt sind. Für viele ein befremdlicher Gedanke, die Liebe hinter Schloß und Riegel zu verwahren, quasi "einzuschließen". Weit entfernt von Käutners Bildern grenzenloser Freiheit, auf dem Wasser unter freiem Himmel... Aber das offene und liberale Frankfurt wird auch diese Mode ertragen und tolerieren wie schon so viele andere. Und auch die offizielle Stellungnahme des Frankfurter Verkehrsdezernats klingt beruhigend: Nein, der Eiserne Steg hält der Last der Liebe stand und wird nicht unter dem tonnenschweren Gewicht der Schlösser zusammenbrechen wie 2014 ein Teil des Geländers einer Pariser Brücke.

ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT

(Robert Zemeckis, US 1985)
zurueck in die zukunft
Leipziger Straße
Mit der Vergangenheit ist das so eine Sache. Mancher denkt, früher war alles besser, aber das ist nicht immer so. Viele Probleme, die uns in der Gegenwart plagen, existierten auch damals, und andere - über die sich längst der Schleier der Vergessenheit gelegt hat - trieben uns um. Unvermittelt in die Vergangenheit katapultiert, so wie Marty McFly (Michael J. Fox), wären viele doch froh, wieder zurück in der Zukunft zu sein.

Manchmal aber verändern sich die Dinge tatsächlich nicht gerade zum Besseren. Hört man den Einzelhändlern auf der Leipziger Straße zu, so berichten sie, dass früher vielleicht nicht alles, aber vieles besser war. Die Leipziger Straße, auch "kleine Zeil" genannt, war einst die schönste und beliebteste Einkaufsmeile in Frankfurt, auf einer Länge von 600 Metern reihten sich originelle Fachgeschäfte, Restaurants, Cafés und Feinkostläden aneinander. Auch eine Filiale des Kaufhofs fungierte als Publikumsmagnet. Inzwischen ist die Straße ein bisschen heruntergekommen, an die Stelle von Fachgeschäften sind Billigläden, Ketten und Handyshops getreten, der Kaufhof ist längst geschlossen. Nicht zuletzt der Wegzug der Universität aus Bockenheim, der Wandel vom quirligen Studentenviertel zum reinen Wohnviertel, macht den Einzelhändlern zu schaffen. Man ist sich einig: Neue Impulse sind nötig für die Einkaufsstraße, die irgendwie den Charme von 1985 verströmt. Tatsächlich, statt der Vergangenheit, in die wir nicht zurückreisen können, hinterherzutrauern, gilt es, die Gegenwart zu gestalten, mit Elan und neuen Ideen. Das Potential ist da: Nach wie vor ist die Leipziger Straße einer der buntesten und lebendigsten Orte der Stadt, und so siedeln sich auch immer wieder neue, innovative Läden an, denen eine hoffnungsvolle Zukunft zu wünschen ist!

DIE BLECHTROMMEL

(Volker Schlöndorff, DE/FR 1979)
die blechtrommel
Blick vom Turm der Alten Nikolaikirche
Die Welt ist hektisch, laut, ungerecht und brutal. Was bleibt einem übrig, als sich dagegen zu stemmen, buchstäblich gegen an zu trommeln, Lärm mit Lärm zu bekämpfen? Oder sollte man sich besser ganz weit oben über der Stadt, auf einen Turm, zurückziehen und die Welt hinter respektive unter sich lassen?

Gegenüber der aus den Fugen geratenen Welt des Oskar Matzerath ist unsere unmittelbare, Frankfurter Welt friedlich und ruhig. Nur der Stress auf der Zeil oder in überfüllten Waggons der S-Bahn mag den einen oder anderen nerven. Aber dagegen bietet die Stadt ja diverse Oasen der Ruhen. Eine solche Oase ist die Alte Nikolaikirche auf dem Römerberg, ein Ort der Ruhe und des Friedens, in den man nach getanen Einkäufen in der Innenstadt einkehren kann, um ein bisschen auszuspannen. Ihre Geschichte reicht bis ins 12. Jahrhundert zurück, mit dem heute existierenden Bau wurde um 1250 begonnen. Im Zuge der Reformation machte man die Kirche dicht und vermietete sie als Lagerhaus für die Kaufleute der Messe - geschäftstüchtig, wie man seit jeher in Frankfurt war. Seit 1721 wird die Nikolaikirche als evangelische Kirche genutzt. Im Zweiten Weltkrieg gehörte sie zu den Gebäuden, die nur gering zerstört wurden. 1949 übergab man das Gebäude der Paulsgemeinde, während deren Gemeindekirche, die unweit gelegene Paulskirche, zum Nationaldenkmal umgewidmet wurde. Trotz ihres ruhigen Daseins macht die Kirche jedes Jahr zur Adventszeit von sich hören, wenn sich die Melodien der traditionellen Turmbläser von der Dachgalerie der Kirche aus über die Altstadt verbreiten. Trommeln allerdings hat man dort oben, soweit wir wissen, noch nicht erblickt...

SCHLAFLOS IN SEATTLE

(Nora Ephron, US 1993)
schlaflos in seattle
Skyline mit Tower 185
Es gibt die Auflage, dass Frankfurts Hochhäuser auch den Frankfurtern zur Verfügung stehen sollen. Zumeist gilt dies bloß für das Sockelgeschoss. Die luftigen Höhen hingegen stehen bloß denen zur Verfügung, die den Überblick behalten - den Vorständen und Aufsichtsräten. Ganz oben bedeutet auch räumlich zumeist die Spitze einer Firmenhierarchie. So auch im Falle des hier abgelichteten „Tower 185“: Ein Gebäude mit einem beeindruckenden Foyer, aber ohne Aussichtsplattform. Was schade ist, hätte man doch von diesem Turm, der etwas abseits der anderen Türme steht, einen wundervollen Blick auf die Skyline. Von allen himmelstürmenden Bauwerken hat bloß der „Maintower“, der Sitz der Helaba, eine öffentlich zugängliche Aussichtsplattform, die einen weiten Ausblick über die Stadt und ihre Umgebung bietet. Im Norden begrenzt der Taunus den Horizont, im Süden reihen sich die Flugzeuge wie an einer Perlenschnur im Anflug auf den Flughafen...

Wie auf Wolken schwebt auch so manches Frankfurter Brautpaar. Gerade an rosigen Sommerabenden füllt sich plötzlich der gesamte Fahrstuhl, der in den 56. Stock des Maintowers hinaufführt, mir fluffigen weißen Wölkchen aus luftigem Tüll, wenn ein frisch getrautes Pärchen mit dem Fotografen auf die Aussichtsplattform fährt, um Hochzeitsfotos wortwörtlich im Siebten Himmel schießen zu lassen. Und wir mögen ihnen von Herzen wünschen, dass ihre Romanze so weitergeht. Wieviele Romanzen hingegen, wie diejenige zwischen Sam und Annie auf dem Dach des Empire State Building, hier ihren Anfang genommen haben, ist nicht überliefert.

MORD IM ORIENT-EXPRESS

(Sidney Lumet, GB 1974)
mord im orient express
Stephensonstraße, Gallus
Ein Zug ist ein Mikrokosmos, vollgepfercht mit Geschichten. Reisende mit den unterschiedlichsten Motiven, Zielen, Lebensläufen – jeder Waggon, jedes Abteil ein Ort für ein Kammerspiel. In einem ausweglos im Schnee steckengebliebenen Zug entspinnt sich ein ein mörderisches Spiel. Das ist Agatha Christies klassischer Whodunit.

Und der Zug, der im Gallusviertel steht? Nicht einmal auf einem Abstellgleis schläft die alte Lok, sondern auf einem toten Gleis, verschnaufend von welch' wilden Abenteuern wohl? Man mag die Lokomotive mit Speisewagen, Baujahr 1940, auf den ersten Blick für ein wenig deplaziert halten. Doch ihr Standort ist wohl gewählt: Hinter ihr ragt die Anfang der 1990er Jahre errichtete ehemalige Hauptzentrale der Bundesbahn in die Höhe, ein gigantisches, schlossähnliches Gebäude aus Beton und Glas. Es zeugt von der Bedeutung Frankfurts als Eisenbahn-Stadt, die es aufgrund seiner zentralen Lage seit dem 19. Jahrhundert einnahm. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs diese Bedeutung noch, hier residierten die Vorstände der Bundesbahn, hier wurden alle wichtigen Entscheidungen über den Bahnverkehr in Westdeutschland getroffen. Nach der Wiedervereinigung entschied man sich, die Konzernzentrale nach Berlin an den Potsdamer Platz zu verlegen - dort ist man näher an den Schaltstellen der Politik. Doch trotz dieses Umzugs kam es nicht zu einem totalen Bahn-Exodus aus Frankfurt. Viele operative Bereiche sind nach wie vor hier angesiedelt, wie etwa die Verwaltung für den Personenverkehr und die Netzleitzentrale, die den Fernverkehr überwacht. Die Bahn beschäftigt in Frankfurt an fast 50 Standorten gut 15.000 Mitarbeiter und zählt damit zu den größten Arbeitgebern der Stadt. Der nächste, diesmal innerstädtische, Umzug ist schon fest eingeplant: 2020 will die Bahn ihr Gebäude im Gallusviertel verlassen und in einen Neubau im benachbarten Europaviertel ziehen. Ob die alte Lok mit dem Speisewagen mit umzieht...?

QUO VADIS

(Mervyn LeRoy, US/IT 1951)
quo vadis
Trauerhalle, Friedhof Höchst
Im Technicolor-Spektakel QUO VADIS, einem Klassiker aus dem Genre des „Sandalenfilms“, versammeln sich die frühen Christen in den Katakomben Roms, um ungestört ihre Religion ausüben zu können. In der dicht besiedelten und stetig wachsenden antiken Metropole war der Platz so eng, dass die Römer ihre Verstorbenen im Untergrund begruben.

Auch das heutige Frankfurt wächst und wächst – ihre Friedhöfe aber schrumpfen. Schon seit Jahren ist die Zahl der Bestattungen rückläufig, weil viele Zugezogene lieber woanders ihre letzte Ruhestätte wählen, gerne auch in der alten Heimat. Und bei denjenigen, die tatsächlich für immer hierbleiben, liegen Urnenbestattungen und Rasengräber im Trend. Beides nimmt weniger Fläche in Anspruch, doch auch der Leerstand muss von der Stadt verwaltet und gepflegt werden. Und das bei kleinerem Etat, da der Unterhalt der 37 Frankfurter Friedhöfe von den Gebühren bezahlt wird, die die Angehörigen entrichten. Aufgrund dieser Finanzierungslücke befinden sich leider auch manche der Trauerhallen in keinem sehr guten Zustand mehr. Nicht so die prächtige Trauerhalle auf dem Höchster Friedhof. Sie wurde Anfang der 1920er Jahre gemeinsam mit der kompletten Friedhofsanlage konzipiert, die die nach diversen Eingemeindungen zu klein gewordenen älteren Friedhöfe in Höchst entlasten sollte. Die Trauerhalle erinnert mit ihrem schönen Portikus an einen antiken Tempel. So schließt sich der Kreis von den ersten Christen in den Katakomben der Ewigen Stadt bis zu einem christlichen Friedhof mit antike Formen aufgreifender Architektur, was unsere Inszenierung ausgerechnet dieses Films auf ausgerechnet diesem Friedhof irgendwie stimmig erscheinen lässt...

TIGER & DRAGON

(Ang Lee, US/HK/CN/TW 2000)
tiger and dragon
Chinesischer Garten im Bethmannpark
In Ang Lees epischem Martial-Arts-Märchen jagen mehrere Kämpfer einem gestohlenen magischen Schwert nach. Die Kritik feierte den Film seinerzeit als ein „Ballett der fliegenden Körper und explodierenden Farben“. Ein Film von ungeheurer Leichtigkeit, der, wie alle großen Märchen, auch vom Verantwortungsbewusstsein des Menschen handelt, vom ewigen Konflikt zwischen Verstand und Gefühl.

Wie niederträchtig demgegenüber die reale Welt doch ist: Ein feiger Brandanschlag zerstörte Ende Mai 2017 den wundervollen Wasserpavillon im Chinesischen Garten im Bethmannpark. Ein Ort, der nicht bloß beliebt ist als Location für Hochzeitsfotos, sondern auch eine perfekte Filmkulisse abgeben würde. Und einfach eine kontemplative, fernöstliche Ruhe ausstrahlt, wie sie auch Ang Lee in den besonderen Momenten seines Films zu vermitteln vermag. Schon zuvor war ein Pavillon im Koreanischen Garten im Grüneburgpark in Flammen aufgegangen, später im Jahr dann der allseits beliebte Goetheturm. Die Brandserie spricht dafür, dass ein Feuerteufel in Frankfurt am Werk ist, der sich an einigen der beliebtesten öffentlichen Holzbauten vergeht. Die Stadt hat zugesichert, dass alle niedergebrannten Bauten wieder rekonstruiert werden sollen, was beim chinesischen Wasserpavillon so einfach gar nicht ist, da er in den 1980er Jahren nach historischer Bautradition von eigens aus China eingeflogenen Handwerkern errichtet wurde. Trotzdem gibt es vielleicht noch ein Happy End...

A NIGHTMARE ON ELM STREET

(Wes Craven, US 1984)
nightmare on elm street
Gasse in der Kuhwaldsiedlung
Frankfurt, die „Hauptstadt des Verbrechens“. So liest man es immer wieder, erklimmt die Mainmetropole doch regelmäßig den Spitzenplatz in der deutschen Kriminalitätsstatistik. Der blanke Horror, hinter jeder nebligen, dunklen Ecke lauert das Grauen. Schaut man mit kühlem Kopf genauer hin, relativiert sich vieles: All die Menschen, die sich täglich in Frankfurt aufhalten oder auf der Durchreise sind, all die Pendler, Messegäste und Touristen finden Eingang in die Kriminalitätsstatistik. Ebenso jedes einzelne Delikt, das im Flughafen mit seinen 65 Millionen Passagieren im Jahr verübt wird. Bereinigt man die Statistik und berücksichtigt nur noch die tatsächlichen Einwohner, belegt Frankfurt gerade mal einen mittleren Platz unter den deutschen Großstädten.

Bei Nebel sieht eben alles bedrohlicher aus, wie auch unser Foto. Bei Licht betrachtet ist die Kuhwaldsiedlung eher beschaulich, in den Augen ihrer fast 3000 Bewohner fast eine Idylle. Sie ist so etwas wie ein „Dorf in der Stadt“ und dürfte auch vielen alteingesessenen Frankfurtern unbekannt sein. Das mag daran liegen, dass die Kuhwaldsiedlung eine Art Inseldasein führt, eingekesselt zu allen Seiten von Messe, Autobahn und dem neuen Europaviertel. Früher, als anstelle des Europaviertels noch das Gleisfeld des Güterbahnhofs alle Verbindungswege in die südlichen Stadtteile kappte, war die Siedlung noch abgelegener. Dafür konnten sich ihre Bewohner, anders als heute, tatsächlich wie in einem Dorf fast komplett vor Ort versorgen. Eine Drogerie, eine Bank, ein Supermarkt, eine Post und eine Apotheke gab es - heute ist nur noch die Apotheke geblieben.

PRETTY WOMAN

(Gary Marshall, US 1990)
pretty woman
Goethestraße
"Jeder hat einen Traum," so beginnt und endet Pretty Woman. Das Märchen vom Hollywood-Aschenputtel Viviane. Der Prinz rettet die Prinzessin. Happy End.

In der Goethestraße gehen zuweilen auch Märchenträume in Erfüllung. Zumindest soweit es Modeträume sind. Hier reihen sich die Luxuslabel dicht aneinander, die Schaufenster laden zum Verweilen und Träumen ein. "Wovon träumt ihr?" Von der mondänen Abendrobe? Dem zierlichen Pantoffel? Dem Geschmeide aus Gold und Edelsteinen? Alle Träume könnten wahr werden hier, entlang der Goethestraße - eigentlich nur ein kleines Gässchen von 300 Metern Länge. Und so manches Aschenputtel wünscht sich einen Prinzen herbei. Eines Schwertes bedarf es heutzutage meist nicht, um das Herz der Prinzessin zu erobern. Es genügt die passende Kreditkarte zücken zu können, um zumindest Modeträume in Erfüllung gehen zu lassen...

1492 – DIE EROBERUNG DES PARADIESES

(Ridley Scott, FR/ES 1992)
1492
Weiher im Rebstockpark
Als im August 1492 drei Schiffe in Europa aufbrachen und im Oktober schließlich an der Ostküste Amerikas landeten, waren deren Besatzungen und ihr Kommandant, Christoph Kolumbus, Pioniere der Meere. Wenn auch der Zweck des Unterfangens nicht darin lag, ein "Paradies zu erobern", so der Untertitel des Historienstreifens von Ridley Scott, so war dies doch die unerbittliche historische Konsequenz dieser von Pioniergeist getriebenen Invasion.

Eine Invasion in die umgekehrte Richtung beschäftigte die Frankfurter 2014. Da wurden Krebse der Art Procambarus clakii, der Rote Amerikanische Sumpfkrebs, der in den Sümpfen des Mississippi heimisch ist, im großen Weiher des Rebstockparks entdeckt. Einige der wohl illegal ausgesetzten Krustentiere verirrten sich sogar in die Schwimmbecken des dem Park benachbarten Rebstockbads. Der 1962 eröffnete "Volkspark Rebstock", tief im Frankfurter Westen gelegen, ist zwar für viele Einwohner längst kein "unentdecktes Land" mehr, doch gegenüber den bekannteren Parkanlagen wie Grüneburgpark, Günthersburgpark und Ostpark führt er doch ein Schattendasein. Ein Geheimtipp aber ist er schon lange nicht mehr, davon zeugen an warmen Sommertagen die übervollen Wiesen, wo sich ganze Familien zum Grillen einfinden. Und mit dem Feldbahnmuseum und dem erwähnten Rebstockbad hat er auch das ganze Jahr über Attraktionen zu bieten. Dabei war hier auch früher schon einiges los: Auf dem Areal des heutigen Rebstockparks lag der erste Frankfurter Flughafen, bevor er Ende der 1930er Jahre an seinen heutigen Standort verlegt wurde. Womit wir wieder bei den Pionieren wären ... nicht der Meere, sondern der Lüfte. Diese leben in den Straßennamen des angrenzenden Rebstockviertels weiter.

SPEED

(Jan de Bront, US 1994)
speed
Bus der Linie 50 auf der A 648
Mittlerweile ein Klassiker des Genres, damals von der Kritik hoch gelobt: "Es ist der schnellste Film des Jahres, einer der einfachsten auf höchstem technischen Niveau und so pur und ohne jeden Ballast, wie es im Hollywoodkino selten zu sehen ist: die Blaupause eines Actionfilms." (Verena Lueken in der F.A.Z.) Der Schauplatz des Films ist ein ganz normaler Linienbus, der zum Ort eines Schreckensszenarios wird. Ein Verrückter hat in dem Fahrzeug eine Bombe deponiert, die mit einem perfiden Mechanismus versehen ist: Die Bombe explodiert, sobald die Geschwindigkeit des Busses auf unter achtzig Stundenkilometer fällt. Wer bremst, hat verloren. Natürlich gibt es ein Happy End, wenn Keanu Reeves als heldenhafter Polizist und Sandra Bullock als tatkräftig mithelfender Fahrgast sich der Sache annehmen, und - natürlich - entspinnt sich auch eine Romanze zwischen den beiden.

Rasanter, schneller, nur nicht ständig auf die Bremse treten - das würde sich so mancher auch im Frankfurter Nahverkehr wünschen. Es muss ja nicht gleich so dramatische Folgen haben wie im Film. Tatsächlich lässt sich ein klein wenig vom SPEED-Feeling auch in Frankfurt erleben, und zwar mit der Buslinie 50, die von der Bockenheimer Warte über Sossenheim und Höchst bis Unterliederbach fährt und dabei einen Teil der Strecke auf der Autobahn A 648 zurücklegt. Und nein, der Bus explodiert nicht, wenn er anhält. Man steigt einfach - wie beispielsweise die Autoren an der Haltestelle "Rebstockbad" - aus und ist zu Hause...